An der Kirmes im Jahre 1959 nahm erstmals ein "Jahrgang", der Jahrgang 1938, als Straußbuben die Gestaltung der Kirmes in die Hand. An der Gestaltung hat sich seither wenig geändert. Ein Feuerwerk am Sonntagabend ist Ende der sechziger Jahre hinzugekommen. Seit 1959 wird samstags von den Straußbuben die Kirmes feierlich ausgegraben und mit einem jährlich wechselnden Kirmessymbol durch den Ort gezogen (mittlerweile mittels Traktor). Am Sonntag wird auf dem Kirmesplatz (an der Mehrzweckhalle) die Straußrede verlesen. Abends folgt ein Feuerwerk und montags findet meist ein Fußballspiel statt gegen die Straußbuben des vorangegangenen Jahres. Natürlich um ein Fäßchen Bier. Dienstags folgt dann die Beerdigung der Kirmes.
Nachtragen muß man noch, daß sich seit einigen Jahren die Mädchen des jeweiligen Jahrgangs den Buben anschließen. Ich möchte noch einmal auf den Brauch des " Hammeltanzes" zurückkommen, denn viele junge Leute kennen wahrscheinlich nicht einmal mehr den Namen, viel weniger den Vorgang. Junge, unverheiratete Paare trafen sich am Montagnachmittag zu einem kleinen Umzug mit Musik durchs Dorf, um sich anschließend im Wiesengelände "Auf dem Hahn" (später auch auf dem Schulhof) paarweise im Kreis aufzustellen. Der Marsch begann und ein Paar gab den Hammel (manchmal auch Ziege, oder Kirmesstrauß) an das nachfolgende Paar weiter. Das ging so lange, bis ein versteckter, aufgezogener Wecker plötzlich läutete. Das Paar, das dann den "Hammel" hatte, mußte ein Fäßchen Bier spendieren und manchmal soll auch der Hammel geschlachtet worden sein. Nicht selten wurde das Paar "mit dem Hammel" noch im selben Jahr ein Ehepaar. Dafür hatte der Zufall schon gesorgt.
Ein weiterer Brauch, der früher nicht ausgelassen wurde, war das sogenannte "Schallwarie" (Winterbacher Sprechweise, anderswo auch Schariwarie genannt). Am Vorabend einer Hochzeit, bei der einer der beiden Partner schon einmal verheiratet war, trafen sich die Nachbarn und Bekannte der Brautleute (und andere), um mit viel Blech, Geschirr und anderem Gerümpel einen Höllenlärm zu veranstalten, solange, bis das Brautpaar ein Fäßchen Bier spendierte, was oft stundenlang dauerte. Ähnlich, allerdings mit anderen Voraussetzungen, wird heute ja Polterabend gefeiert.
Aber gelegentlich soll es auch heute noch das echte "Schallwarie" (Betonung auf "wa") geben, allerdings nicht bei Geschiedenen.
Natürlich haben die Winterbacher auch ihren "Schiefnamen" (Schimpfnamen) bei den Nachbardörfern, so wie diese auch bei den Winterbachern ihren Namen haben. "Käsfresser” das ist der Name, mit dem die Winterbacher bedacht wurden. Die Deutung ist nicht schwer, denn was der Name sagt, das waren und sind die Winterbacher - zumindest die Waschechten - noch heute, Käseesser, angefangen von der gewöhnlichen "Kässchmier" (weißer Käse, Quark) bis zu den edelsten Sorten nicht nur aus deutschen Landen. Kaum anzunehmen, daß in den zwanziger Jahren das beste Feinkostgeschäft in der Stadt St. Wendel eine viel größere Käseauswahl hatte, als das Kolonialwarengeschäft Nikolaus Klos, genannt "SchetzeNikla" (heute Gasthaus "Max und Moritz") . Kein Winterbacher wird es als Beleidigung empfinden, wenn er als"Käsfresser" tituliert wird, im Gegenteil, er fühlt sich als "Feinschmecker" richtig eingeschätzt.
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